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Aaronitischer Segen

Eine Predigt von Pfarrer Jakob Vetsch zu 4. Mose 6,22-27
gehalten am 9. Juni 2002 in Zürich-Matthäus


Segen oder Fluch, das ist die Frage und ein grosser Unterschied. Das eine bringt Glück, das andere beschert Unglück. Bei aller Oberflächlichkeit und bei allem Egoismus strebt auch der heutige Mensch das Glück an und versucht, das Unglück zu vermeiden. Denn auch er meint es gut. Ja, ich gehe davon aus, dass es jeder Mensch gut meint, zumindest mit sich selber. Oberflächlichkeit und Egoismus sind jedoch keine Wegbereiter des Glücks, nicht des wahren Glücks. Dieses kann nur tiefgründig und gemeinschaftlich erfahren werden.
Der oberflächliche Mensch bleibt bei der Welt der sichtbaren Dinge. Er weiss nicht, dass dem Unsichtbaren schon immer viel mehr Gewicht zukommt, und dass dies auch mit ihm direkt zu tun hat. Und er denkt in erster Linie an sich selbst. Er weiss nicht, dass er in ganz entscheidendem Mass im ständigen Austausch mit anderen Menschen lebt, mit denen er auch geistig verbunden ist. So bleibt der oberflächliche Mensch dem Materiellen verhaften und in sich selbst verstrickt. Seine Frucht geht nicht wirklich auf, sein Segen für sich und andere entfaltet sich nicht richtig.

Anderes lehrt uns der sogenannte "aaronitische Segen", den Mose Aaron und seinen Kindern ausrichten soll. Er besteht eigentlich aus drei Zeilen:

"Der Herr segne und behüte dich!
Der Herr lasse sein Angesicht über dir leuchten und sei dir gnädig!
Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden!"

Wie deutlich es dieser schöne Segen ausspricht: Der Herr, der Herr, der Herr. Sprachlich wäre diese Dreiheit nicht nötig, also geht es ums Inhaltliche: Es ist der Herr, der segnet. Von ihm kommt der Segen, wie es nachher noch ausdrücklich heisst: "Ich selbst will sie segnen." Segen ist eine Kraft, und am besten und reinsten strömt sie aus der ursprünglichsten Kraftquelle: aus Gott! Menschen dürfen diesen Segen weiterleiten, stammen aber tut er von Gott, darum ist er wirksam.
Auch so etwas, das wir beinahe verlernt haben: das Segnen. Im heimeligen "B'hüeti Gott!" ist noch ein Teil davon enthalten. Ich bin davon überzeugt, dass wir immense Kräfte freisetzen können, wenn wir Segen und Fürbitte, das Senden guter Gedanken durch Gott, vermehrt und intensiv pflegen. Das Gebet des Gerechten vermag viel, wenn es ernst ist, sagt die Bibel.
Vielleicht glaubt jemand nicht an solche Wirkungen und Übertragungen. Vielleicht denkt jemand, das sei ja nur so etwas wie Selbstbeeinflussung, Autosuggestion. Obschon auch diese nicht zu unterschätzen ist, dürfen wir uns von einem bekannten Arzt, Rolf Alexander, eines besseren belehren lassen:

"Wir besitzen ein kombiniertes Sende- und Empfangsgerät. Es empfängt und sendet jedoch keine Radiowellen, sondern menschliche Gedanken. Dieses Sende- und Empfangsgerät (es handelt sich um eine kleine Drüse) hat den Physiologen schon viel zu schaffen gemacht. Sie sind sich klar darüber, dass es eine wichtige Rolle in der Entwcklung der Menschheit gespielt hat. Die meisten von ihnen sind der Ansicht, dass es den Rest eines Urauges darstellt. In dieser Feststellung ist schon ein Körnchen Wahrheit enthalten: Ein Mechanismus, der elektrische Gedankenwellen empfängt und sendet, muss naturgemäss ähnlich wie das Auge gebaut sein, das Organ, das zur Wahrnehmung des Licht genannten elektromagnetischen Phänomens befähigt ist.
Jedesmal, wenn wir uns auf einen Gedanken oder eine Idee konzentrieren, senden wir sie automatisch auch in die Ferne. Unsere Gedanken werden in den Äther ausgestrahlt und von anderen aufgenommen, die über den gleichen Gegenstand nachdenken. Und noch etwas geschieht: Unser Empfangsgerät wird auf die gleiche Wellenlänge eingestellt, und wenn wir entspannt sind, beginnen die Gedanken von andern über den gleichen Gegenstand in unser Selbst einzufliessen."

Der Mediziner leitet aus diesen Erkenntnissen ab, dass es für Gesundheit und Wohlbefinden allgemein ausserordentlich wichtig ist, gute Gedanken zu haben und auszustrahlen, sowie sich stets mit guten Dingen zu beschäftigen. Nicht nur für das Befinden von uns selbst ist es wichtig, sondern auch für andere! Rolf Alexander sagt das als Arzt, der um die Gesundheit der Menschen besorgt ist und sein ganzes langes Leben dafür eingesetzt hat.

"Der Herr segne dich und behüte dich!"

Gemeint bist du als Einzelner und als Teil des Volksganzen. Der Begriff des Segnens schliesst alle guten Gaben ein, die dir zukommen sollen. In deiner Ganzheit soll es dir gut gehen, und besonders sollst du behütet, beschützt vor allen Gefahren sein. Alle fruchtbaren Kräfte in dir sollen geweckt und gefördert werden, sodass dir die Gaben des Herrn zukommen und dir an nichts mangelt, das du brauchst.

"Der Herr lasse sein Angesicht über dir leuchten und sei dir gnädig!"

Vom Leuchtenlassen des Angesichts redet auch der Psalmensänger. Gewünscht wird ein fröhliches Gesicht Gottes, das uns sein Wohlwollen und seine Gunst zeigt. Es ist dies die Vergebung und Güte, die wir durch Jesus Christus erfahren. Ein ungnädiger Gott wäre ja auch denkbar. Unser Gott aber ist gnädig und schenkt uns die Chance, immer wieder neu zu beginnen. Das löst die Kräfte stets von neuem und verleiht Mut, sie in den Dienst des Guten zu stellen. Wie an uns gehandelt wird durch Gott, so werden auch wir an den Mitmenschen handeln wollen und können.

"Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden!"

Erheben des Angesichts bedeutet ganz einfach: den Blick auf jemanden richten, also anschauen. Das Gegenteil davon ist: sein Angesicht fallen lassen, also jemanden nicht ansehen, vielleicht im Zorn. Wir wissen, wie das ist! Das heisst die Verbindung abbrechen, einem andern die Achtung und Aufmerksamkeit verweigern. Das ist sehr schädlich. Eine Verbindung wird geleugnet, statt an ihr gearbeitet. Negative Gedankenströme fliessen. Das Gegenstück ist die Zuwendung, die Frieden und positive Energie bringt. Das Wort Frieden ist sehr weit, es bedeutete ursprünglich Unversehrtsein, Wohlbefinden. Angesprochen ist ein Zustand auf Erden, denn dieser ganze Segen ist an die Erdbewohner gerichtet. Es geht um uns, hier und jetzt.

Ist es nicht schön, dass sich Gott selber uns zuwendet, in freundlicher, gütiger Weise? So wie es Jesus mit Zachäus, der Sünderin und all den andern Menschen, denen er begegnet ist, getan hat? Wenn wir diese Sonne auf unserer Haut und diese Wärme in unseren Herzen spüren, muss Frucht gedeihen, die allen zum Segen wird! Nehmen wir ihn für uns in Anspruch und lassen wir keinen Menschen ohne guten Gedanken ziehen.

Amen.


last update: 05.10.2015