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WER MIT DEM HERZEN SIEHT - Ratgeber für das Leben zu zweit


Liebe und Freiheit

"Er ist nicht mehr frei" - so sagen wir es von einem Verlobten oder Verheirateten. Wir meinen damit, daß er nicht mehr die Freiheit hat, eine weitere, enge Verbindung einzugehen. Wir meinen damit das Gegenteil von Ledigsein. Allerdings darf dies nicht generell mit Unfreiheit verwechselt werden! 
Oft ist es ja gerade die Beziehung, die Verbindung mit einem Menschen, die frei macht. Daß sie auch abgrenzt und eine gleichartige Bekanntschaft mit einem anderen Partner ausschließt, gehört mit zu ihrem Wesen und ihrem Erlebnis. Freiheit kann nie total erlebt werden. Sie ist eingebunden in das sensible Verhältnis zu Mitmenschen. Trotzdem befreit die Liebe, und sie tut dies immer wieder neu! 
Eigenartig: Das germanische Wort "frei" bedeutete ursprünglich nichts anderes als "lieb". Unsere Alltagssprache weiß das noch. Die Mutter sagt zum Kind im Schweizer Dialekt: "Bis frei!", und sie meint damit: "Sei lieb!" Von einem gutmütigen Menschen sagen wir, er sei "en Freina", also "ein Lieber". Und Mann und Frau "freien" einander, das heißt, sie "lieben" sich. Liebe hat demnach etwas Freimachendes an sich, sie befreit, sie schenkt Freiheit. Liebe löst Hemmungen, sie setzt gute Kräfte frei. 
Interessant finde ich auch das griechische Wort, welches übersetzt "frei" bedeutet: "e-leuth-eros". In diesem Ausdruck liegt unser Wort "Leute" verborgen. Frei war in der Antike, wer zu den eigenen Leuten, also zum eigenen Volksstamm gehörte. Unfrei war der Fremde, der Sklave. Freiheit verlieh ein soziales System, das zugleich auch Sicherheit gewährleistete. Frei ist nicht der Wilde, sondern derjenige, der in einem ersprießlichen Verhältnis zu seinen Mitmenschen lebt! 

Der heutige Freiheitsbegriff ist verkümmert und krank. Er umschreibt bloß noch Rechte, nicht mehr Pflichten. Er bezeichnet nur wildes Nehmen, nicht mehr seliges Geben. Er meint individuelle Unabhängigkeit, nicht geselliges Miteinander. Er steckt engherzig persönliche Freiheit ab und vergißt das, woraus umfassende Freiheit erwächst. Freiheit ist nicht das Spiel eines einzelnen, sondern ein schönes Zusammenspiel. Freiheit und Liebe bedingen einander. Denn wahre Freiheit ist kein Zustand, den man einmal erreicht hat, sondern eine Bewegung, eine feine Schwingung im Netz des Lebens. Sie ist Ausdruck von Harmonie. Jedes Ungleichgewicht, jede Ungerechtigkeit stört die Freiheit, stört auch das Leben als solches. 
Ein Zierfischfreund hat mir letzthin sein herrliches Aquarium erklärt. Frisches Wasser besorgt er wegen des Kalkgehaltes aus den Bergen. Passende Pflanzen liefern den Sauerstoff für die Tiere, und auch auf den Einfall des Lichtes wird Rücksicht genommen. Die Auswahl der Fischlein erfolgt sorgfältig, denn einen Raubfisch darf es in diesem sogenannten Gesellschaftsbecken nicht geben. Das Maß des Futters muß auf die Fische abgestimmt sein, sonst fressen sie keine Algen mehr, die wiederum das Wasser in Mitleidenschaft ziehen würden. Das Aquarium vermittelt nun ein farbenfrohes, lebendiges Bild, das sich stets verändert. Es anzusehen wirkt nach einem langen Arbeitstag äußerst beruhigend. Bewegung kann beruhigen, wenn sie ausgeglichen, harmonisch ist! Wird dieses Zusammenspiel und Gleichgewicht der Kräfte durch irgend etwas gestört, dann verdient es unsere besondere Aufmerksamkeit. 
So ist das ganze Leben. Alle Teile sind aufeinander angewiesen. Es gibt kein echtes Glück auf Kosten des anderen. Glück ist etwas, das sich zwischen allen Beteiligten abspielt, oder es flieht! Darum sind Liebe und Freiheit zwei Seiten einer Münze. Sie haben beide mit Gemeinschaft zu tun.