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Die Frage der Konfession

Vielfach führt der Hochzeitstag nicht nur Mann und Frau, zwei Familien- und Freundeskreise, sondern auch die Angehörigen verschiedener Konfessionen zusammen. Weil es um die Zukunft geht und die religiöse Heimat für die Grundsteinlegung einer Ehe und Familie von Wichtigkeit ist, sollte die Frage der Konfession vor der Trauung gründlich diskutiert werden. Eine gewisse Entschiedenheit in dieser Sache zähle ich mit zu den Voraussetzungen zur Eheschließung. Wie man sich über den gemeinsamen Wohnort im klaren ist, so bedarf auch die Frage der Konfession vor der Hochzeit der Klärung. Wie anstrengend dies auch sein kann, so hilfreich erweist es sich doch später für die Eheleute und die Verwandtschaft.

Elvira (24) und Ivo (34) ließen sich ökumenisch trauen. Beide Familien - vor allem die Eltern - wiegten sich in der Hoffnung, das Enkelkind würde dann schon nach ihrer Konfession erzogen. Als es geboren war und Elvira und Ivo sich für die Konfession von Elvira entschieden hatten, war die Enttäuschung bei den Eltern von Ivo groß. Zum ersten Mal im Leben mußte er sich gegen sie durchsetzen. Sie blieben bei der Taufe ihres Enkelkindes fern, und es dauerte Jahre, bis sich das Verhältnis wieder einigermaßen entspannt hatte. 

Solch unerquickliche Vorkommnisse in meiner Seelsorgetätigkeit bestärken mich in der Auffassung, daß es wohl besser ist, frühzeitig reinen Wein einzuschenken! Während sich der Traugottesdienst selbstverständlich ökumenisch gestalten läßt, müssen spätestens bei der Taufe des ersten Kindes Weichen gestellt werden. Mit wem das Kind als erwachsener Mensch zusammenkommt und welchen Weg es dann geht, das steht wiederum auf einem anderen Blatt. Es kann grundsätzlich nur in einer der beiden Konfessionen aufwachsen, auch wenn es vielleicht gut wäre, beide Kirchen kennenzulernen. 

Walter (23) wuchs in einer Familie heran, deren Eltern gemischter Konfession waren. Bevor er Doris (25) heiratete, verspürte er den Wunsch, dieselbe Konfession wie sie anzunehmen, weil er die diesbezügliche Verschiedenheit seiner Eltern als unangenehm empfunden hatte. Er trat also zur Kirche von Doris über. Dieser Schritt beeindruckte seinen Vater so sehr, daß er es seinem Sohne gleichtat! Am strahlenden Hochzeitstage bekannte er mir unter der Kirchentüre, er habe sich entschlossen, die verbleibende Zeit mit seiner Frau im konfessionellen Frieden zu verbringen. 

Allgemeingültige Regeln zur Wahl der Konfession aufstellen zu wollen wäre verfehlt. Jedes Paar soll und muß seinen eigenen Weg finden. Dem einen ist dies wichtig, dem andern das. Zum Beispiel kann darauf Rücksicht genommen werden, welcher Konfessionsteil in der Wohngegend überwiegt, oder darauf, daß hauptsächlich die Mutter die Kinder erzieht. Auch bestimmte Familientraditionen können eine Rolle spielen. Ein stichhaltigeres Kriterium bildet jedoch die stärkere Bindung eines Partners an seine Kirche: Wenn der eine mit seiner Konfession etwas anfangen kann und der andere sich seiner eigenen gegenüber distanziert verhält, wird man sich eher für erstere entscheiden. Noch lieber sehe ich es, wenn beide zusammen die ganze Sache eingehend prüfen, miteinander »träumen« und sich fragen, wo es ihnen am wohlsten ist und in welcher Kirchengemeinde ihr Kind einmal getauft werden soll. Jedenfalls sollte die Entscheidung völlig unabhängig gefällt werden, denn es geht hier um die Gründung einer neuen Familie, und die Ehepartner sind es, die den eingeschlagenen Weg zu verantworten und zu gehen haben! Es sollte auch eine Entscheidung von innen heraus sein, zu der man jederzeit stehen kann. Dazu ist vielleicht ein bißchen Zeit erforderlich, doch es lohnt sich, sie aufzubringen, da sonst immer wieder Spannungen und Unsicherheiten entstehen oder eine Gleichgültigkeit sich einschleicht, die auch nicht gut wäre. 

Fred (42) und Agatha (39) meldeten ihren kleinen Tobias zur Taufe an und meinten, sie ließen ihn nun einmal taufen und später in den Religionsunterricht gehen, doch sie selber würden ihn wertfrei erziehen. Später könne sich der Sohn selbst entscheiden, welcher Kirche er angehören wolle oder nicht. Das hörte sich recht tolerant und unbeschwert an, aber im Gespräch merkten wir, daß es wertfreie Erziehung eigentlich gar nicht gibt - höchstens wertlose! Fred und Agatha hatten das auch gar nicht so gemeint; es war ihnen klar, daß sie ihre eigenen Wertvorstellungen dem Kind zunächst weitergeben würden. Nur wollten sie dies in Freiheit, Liebe und Menschlichkeit tun, was ja alles zutiefst christliche Grundwerte sind! Die Taufe von Tobias führte dazu, daß sich seine Eltern wieder von neuem mit Glaubensfragen auseinandersetzten, was der ganzen Familie Gewinn brachte. Sie lernten auf diese Weise auch die Kirche wieder neu kennen. Manchmal darf man seine Vorstellungen von Glauben und Glaubensleben revidieren. 

Nun, welche Möglichkeiten stehen für die Trauung konkret offen? Während es sich beim evangelischen Traugottesdienst um eine Feier handelt, in welcher um den Segen für die Eheleute gebetet wird, stellt die Ehe in der katholischen Kirche ein Sakrament dar, das heißt, eine gewisse Form der Eheschließung ist unabdingbar. So müssen die Partner ihren grundsätzlichen Willen zur Kinderzeugung bekunden, und nach der Scheidung ist eine Wiederverheiratung in der katholischen Kirche nicht möglich. Der Traugottesdienst kann evangelisch oder katholisch gestaltet werden, auch wenn jeder seine eigene Konfession behält. Oder eben: Er kann ökumenisch mit je einem Pfarrer aus beiden Kirchen gefeiert werden. Zudem gibt es noch die Möglichkeit, daß beide Kirchen die Eheschließung anerkennen, auch wenn sie nur von einem Pfarrer vollzogen wird. Soll es der evangelische Seelsorger sein, so hat das Traupaar beim katholischen um Dispens zu ersuchen. Es kann auf beiden Seiten geschehen, daß ein Pfarrer für die gewünschte Amtshandlung nicht bereit ist; er hat das Recht, sich zu verweigern, wenn er mit seinem Gewissen in Konflikt kommt. Dann soll das Paar den Kopf nicht hängen lassen, sondern die ganze Angelegenheit nochmals überdenken und gegebenenfalls einen Seelsorger aufsuchen, zu dem es den Zugang besser findet. Statt eines unpersönlichen Telefonates halte ich die Kontaktaufnahme nach einem gemeinsam erlebten Gottesdienst für angenehmer. Es ist hilfreich, vor Gespräch und Trauung die Atmosphäre im Gottesdienst zu spüren.

Wir haben jetzt erst von Konfessionsverschiedenheit und noch nicht von Religionsverschiedenheit gesprochen. In wieviel größerem Maße gilt dort, daß die Empfindungen, Bedürfnisse und Wünsche gegenseitig mitgeteilt und aufeinander abgestimmt werden! 

Bettinas (31) Mann ist Mohammedaner. Die Heirat in der evangelischen Kirche bot keine besonderen Probleme, da es sich eigentlich um einen Gottesdienst zur Begleitung des Paares handelte. Als Kinder kamen, konnte der muslimische Vater damit einverstanden sein, daß sie Sonntagsschule und Religionsunterricht besuchen, jedoch wollte er von der Taufe absehen, weil sie ein Sakrament darstellt und ihm zu definitiv erschien. Bettinas Kinder dürfen also christlich erzogen werden, wobei ihr Mann ihnen seinen Glauben auch vermittelt, doch die Entscheidung zur Taufe oder Nichttaufe haben sie als Erwachsene zu fallen. Erfahrungsgemäß ist dieser Weg nicht einfach und muß deshalb mit besonderer Sorgfalt beschritten werden. 

In gegenseitiger Achtung und Liebe, die ja jedem religiösen Menschen als Grundhaltung innewohnen müßten, kann bestimmt ein für beide Partner möglicher und guter Weg gefunden werden. Wichtig dabei ist, diese Fragen sorgfältig und ernsthaft zu besprechen. So kann die Konfessions- oder gar Religionsverschiedenheit zweier Liebender eine große Chance und Herausforderung dafür sein, sich intensiv mit Glaubensdingen auseinanderzusetzen - Glaube, Hoffnung und Liebe gleich mit dem Partner zu erproben! 

Ein alter Rat besagt, man solle den Weg gut überlegen und ihn dann unbeirrt gehen, ob Bill oder Unbill winkt.