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Predigt zum Sonntag, 12. Januar 2014, 10 Uhr in der St. Anna Kapelle Zürich, gehalten von Pfr. Jakob Vetsch

Vom Wort und der Berührung

Predigttexte
Lukas-Evangelium 7,7b: "Sprich nur ein Wort, und mein Knecht wird gesund."
Matthäus-Evangelium 8,1-3: "Da kam ein Aussätziger auf Jesus zu, warf sich vor ihm nieder und sagte: Herr, wenn du willst, kannst du mich rein machen! Und Jesus streckte die Hand aus, berührte ihn und sprach: Ich will es, sei rein! Und auf der Stelle wurde er von seinem Aussatz geheilt."


Liebe Gemeinde!

Die amerikanische Freikirche Elevation Church hat zum letzten Muttertag einen Film ins Internet gelegt. Er zeigt Frauen, welche die Frage beantworten: "Sind Sie eine gute Mutter?" Wie sich herausstellte, wurde das Video massenhaft angeschaut. Es war ihm ein Riesenerfolg beschieden.
Dies wohl deshalb, weil sich sehr viele Eltern in den Antworten wiedererkennen konnten. Es wurden nämlich ehrliche Zweifel geäussert, ob im Umgang mit den Kindern auch wirklich alles richtig gemacht werde. Vor allem wurden Ungeduld, Wut und Druck erwähnt. Eine der Befragten brachte es auf den Punkt: "Ich sollte mich wohl öfter zu meinen Kindern hinsetzen, mir die Zeit nehmen, um ihnen einfach mal zuzuhören."

Das geht nicht nur Eltern so. Ausgerechnet in der aktuellen Kommunikationsgesellschaft stellen wir fest, dass oft die Zeit für die echte Verständigung fehlt. Daraus erwächst beim heutigen Menschen ein Riesenverlangen danach verstanden zu werden, sich selbst zu verstehen – und dann auch andere verstehen zu können. Wer sind wir? Wofür leben wir? Was für einen Sinn macht das Leben? – So lauten die häufigsten Fragen, welche in der Seelsorge ankommen. Und dann sehen wir, dass häufig Beziehungen gelitten haben oder gar keine wirklichen mehr da sind. Wir denken daran, dass der Mensch, jede(r) von uns, in einer Geschichte lebt, ja, dass das Leben an sich eine Geschichte ist, die Lebensgeschichte; und wir führen Menschen behutsam in eine gute Geschichte mit Gott, mit Jesus Christus und mit seiner Gemeinschaft. So sind sie der Einsamkeit enthoben, und so ist das Leben in einen Sinn eingebettet.

Nun haben wir als Predigttexte zwei kleine Abschnitte aus verschiedenen Heilungsgeschichten.
Der verdiente Hauptmann von Kafarnaum bat einige Vorsteher der jüdischen Gemeinde, bei Jesus vorstellig zu werden, ob er seinen erkrankten Knecht heilen könnte? In diesem Zusammenhang kam es zu seinem berühmten Satz: "Sprich nur ein Wort, und mein Knecht wird gesund." Jesus "wunderte sich über ihn" und er sagte zu den Anwesenden: "In Israel habe ich keinen solchen Glauben gefunden!" Die Boten fanden den Knecht nachher im Haus gesund vor.
Wir sollten nicht vergessen, dass der Hauptmann mit seinem Glauben "Sprich nur ein Wort, und mein Knecht wird gesund" und Jesus mit seinem Entgegengehen, seinem Gehör und seinem Willen zu helfen – wir sollten nicht vergessen, dass einem der Angestellten, einem einfachen Menschen, einem Knecht beigestanden sind. Spannend auch, dass der Arzt Lukas in seinem Evangelium dies so aufgeschrieben hat: "Sprich nur ein Wort, und mein Knecht wird gesund."
Wir kennen den Satz ebenso in dieser Form: "Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach, aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund." Es ist ein Satz, den wir vor dem Mahl des Herrn hören, denken und auch sagen können. Er berührt.

Von der buchstäblichen Berührung handelt die andere Heilungsgeschichte, in der sich der Aussätzige vor Jesus niederwirft und fleht: "Herr, wenn du willst, kannst du mich rein machen!" Jesus streckte seine Hand nach ihm aus. Er berührte ihn. Dazu sprach er die Worte: "Ich will es, sei rein!" Wieder geschieht Heilung an einem einfachen Menschen, einem Ausgestossenen, einem Kranken. Wieder ist der Glaube entscheidend, und wieder spielt der Wille eine Rolle: "Wenn du willst, kannst du..." vernimmt der Herr. Dieser berührt. Er stellt den direkten Kontakt her. Er antwortet: "Ich will es..." Die Heilung geschah im selben Augenblick.

Ich möchte in einer Kirche sein, welche in der Nachfolge Jesu lebt; in einer Kirche, welche das Auge für den Menschen an sich hat; in einer Kirche, welche auf die Fragen, Anliegen und Bedürfnisse der Menschen hört; in einer Kirche, die nicht fragt, wie gewinnen wir die Leute, sondern umgekehrt, was können wir für die Menschen tun? Es ist dies die dienende Kirche, und bei ihr stehen nicht Konfessionen und Bekenntnisse im Vordergrund, sondern die Nachfolge Jesu. Da zählt nicht der vordergründige Erfolg, die Nachfolge an sich ist der Erfolg. Jesus nachfolgen zu dürfen ist ein Privileg. Sich an der Frohbotschaft Jesu Christi orientieren zu dürfen, macht das Leben aus; das gibt unserem Leben Sinn; wir sind aufgehoben und geborgen in der Gemeinschaft des Herrn.
Ein Wort genügt, eine Berührung und der Wille zu helfen. Es braucht nicht viel, aber Authentizität gehört dazu. Das Einssein des Gottessohnes mit seinem Vater, von dem wir in der Nachfolge Jesu so viel erhalten und dann auch geben können. Dann ist der rechte Zeitpunkt. Dann geschieht Heilung. So ist Ganzsein möglich, Frieden auch und Glück.
Der moderne Mensch berührt mit seinen Kommunikations- und Unterhaltungsgeräten fast ununterbrochen, aber er möchte auch berührt sein, angenommen sein, verstanden werden. Er will auch sich selbst und andere verstehen. Er möchte in einem Sinnzusammenhang leben, kurz gesagt in einer guten Geschichte.
Das kann die Kirche in der Nachfolge Jesu Christi, die dienende Kirche, leisten. Der Glaube, die Gebete, die Lieder, das Mahl des Herrn, die Verkündigung, die Diakonie – all das verbindet. Es trägt sogar über die Zeit in die Ewigkeit hinaus, denn überall wo die Liebe Christi gelebt und erlebt wird, ereignen sich Ewigkeitswerte. Da geht nichts verloren, es wandelt sich nur. Und wir gehen immer auf ein Ziel zu, auf das wir uns nur freuen können: Einst noch mehr beim Herrn zu sein. Und unterwegs immer wieder kleine Strahlen der Sonne der Ewigkeit zu empfangen und zu senden.

Wir erleben das in der Kirche, in welcher der Glaube Menschen verbindet: Durch das gemeinsame Unterwegssein, durch das Essen und Trinken miteinander, durch das Feiern im Gottesdienst, durch den Lobpreis, durchs Danken und Bitten, durch die Solidarität. Dabei gilt aus Massstab das Befinden der Kranken, das Wohl der Kinder und der Betagten, die Lebensqualität der Menschen im mittleren Alter, der Arbeitenden und der Arbeitssuchenden, aller Menschen und der ganzen Schöpfung. Das Grosse ist im Kleinen und das Kleine im Grossen. Es hängt alles zusammen. Kein Glück gibt es auf Kosten anderer Menschen und Lebewesen oder auf Kosten der Schöpfung.

Es ist das Leben. Und es braucht dazu nicht viel. Ein Wort des Herrn, eine Berührung, sein Wille, der geschehe, im Himmel und auf Erden.

Amen.




Orgel-Eingangsspiel

Grusswort: "Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden unter den Menschen seines Wohlgefallens." (Lukas 2,14)

Lied 242,1-3 ("Lobe den Herren")

Gebet zur Sammlung (von Elisabeth Strübin, 1998)
"Guter Gott, ich danke dir für die vergangene Nacht und für diesen neuen Tag. Ich bin froh, dass ich ihn mit dir beginnen kann. Viele Aufgaben türmen sich vor mir. Bin ich allem gewachsen, was heute auf mich zukommt? Statt mich in Zweifeln zu verlieren, bitte ich dich um deinen Heiligen Geist. Gott, sei gegenwärtig in meinem Leben und leite heute meine Schritte. Amen."

Lesung: Genesis 1,1-5
"Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und öde, und Finsternis lag auf der Urflut, und der Geist Gottes bewegte sich über dem Wasser. Da sprach Gott: Es werde Licht! Und es wurde Licht. Und Gott sah, dass das Licht gut war. Und Gott schied das Licht von der Finsternis. Und Gott nannte das Licht Tag, und die Finsternis nannte er Nacht. Und es wurde Abend, und es wurde Morgen: ein Tag."

Lied 571,1.3.4 ("Die güldne Sonne")

Die zwei Predigttexte
Lukas-Evangelium 7,7b: "Sprich nur ein Wort, und mein Knecht wird gesund."
Matthäus-Evangelium 8,1-3: "Da kam ein Aussätziger auf Jesus zu, warf sich vor ihm nieder und sagte: Herr, wenn du willst, kannst du mich rein machen! Und Jesus streckte die Hand aus, berührte ihn und sprach: Ich will es, sei rein! Und auf der Stelle wurde er von seinem Aussatz geheilt."

Kleines Orgel-Zwischenspiel

PREDIGT: "Vom Wort und der Berührung"

Orgel-Zwischenspiel

Gebet (Fürbitten und Unser Vater)
Guter Gott!
Wir danken dir für die Gemeinschaft mit dir und allen Schwestern und Brüdern, die mit uns unterwegs sind in der Nachfolge deines Sohnes Jesus Christus.
Heute bitten wir dich ganz besonders für alle Menschen,
- die sich nach deinem lebendigmachenden und sinnstiftenden Wort sehnen...
- die gerne berührt sein möchten und Heilung erfahren wollen...
- die Gemeinschaft suchen und nach Ganzheit streben...
Lass dich finden, gib ihnen dein Wort, berühre sie, heile sie, nimm sie in deine Gemeinschaft - wie auch uns, der du bist "Unser Vater..."

Lied 835,1-4 ("Gib uns Weisheit")

Mitteilungen

Lied 242,4-5 ("Lobe den Herren")

Segen

Orgel-Schlussspiel



Predigt VOM WORT UND DER BERÜHRUNG im PDF-Format


last update: 18.05.2016