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Predigt vom 5. Juni 2005, gehalten von Pfr. Jakob Vetsch in der Kirche von Matthäus-Zürich


ROSENMONAT JUNI

Gott liebte die Menschen so sehr,
daß er seinen einzigen Sohn hergab.
Nun wird jeder, der sein Vertrauen
auf den Sohn Gottes setzt,
nicht zugrunde gehen, sondern ewig leben.
Johannes 3,16


Im Rosenmonat Juni möchte ich das, was ich Euch heute morgen mit auf den Weg gebe, durch die Rose sagen: Gott liebt Dich!
Von der Liebe Gottes zu uns Menschen, die uns in Jesus von Nazareth erschienen ist, wird in der Kirche viel geredet. Jede Sonntagspredigt, jede Festzeit im Jahreskreis spricht davon. Und es wird nicht nur davon geredet: Was wäre unsere Gesellschaft und das Leben in der weiten Welt ohne die tätige Liebe, die in den zahlreichen Einrichtungen von Diakonie und Caritas eine beredte Sprache von der Liebe Gottes zu uns Menschen spricht! Auch das darf einmal gesagt sein: Die Kirchen und christlichen Gemeinschaften waren und sind Initianten und Träger vieler sozialer Einrichtungen, die im Dienste des benachteiligten und leidenden Mitmenschen stehen und die Liebe Gottes zu allen Menschen bringen möchten.

Schauen wir uns eine Rose an: Zarte Blütenblätter, scheinbar eines wie das andere, schließen sich fest und sanft zugleich um die Staubgefäße. Ob die Blume eben erblüht oder bereits ihre reife Pracht voll entfaltet hat, erfahren wir an der Stellung und Färbung ihrer Blütenblätter. Keine Rose ist genau gleich wie die andere. Jede sieht bei genauerer Betrachtung wieder etwas anders aus. Egal, welche Farbe unsere Rose auch haben mag, sie gilt als die Königin unter den Blumen!
Die Rose, ein vollkommenes Abbild der Schönheit aus Gottes Garten, ist seit altersher ein Symbol der Ehrerbietung, der Achtung und der Liebe.

Laßt es mich heute morgen ganz persönlich sagen: Gott liebt Dich! Es ist schön, daß Du da bist, daß es Dich gibt. Und wenn ich gefragt werde, woher ich diese Gewißheit nehme, dann darf ich auf die Bibel verweisen. Sie ist voll von Geschichten, Ereignissen, Situationen, Bildern, welche die unendliche Liebe Gottes zu uns Menschen deutlich machen. Und es ist nicht einfach nur der Mensch als solcher gemeint, sondern auch der Einzelne: Du und ich, wir konkreten Menschen. Darum redet das Alte Testament vom Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs. Und das Neue Testament weiß zu berichten:

Gott liebte die Menschen so sehr,
daß er seinen einzigen Sohn hergab.
Nun wird jeder, der sein Vertrauen
auf den Sohn Gottes setzt,
nicht zugrunde gehen, sondern ewig leben.
Johannes 3,16

Das ist die größte Liebesgeschichte aller Zeiten! Sie zeugt von der Liebe Gottes zu uns Menschen. Und sie zeigt uns den Weg zum Heil, zum ewigen Leben. Zuerst tut Gott etwas: Er gibt seinen Sohn zum Leben. Dann wird gesagt, was wir tun sollen: Wir dürfen unser ganzes Vertrauen auf den Sohn Gottes, Jesus von Nazareth, Jesus den Christus, setzen, dann werden wir nicht zugrunde gehen, sondern ewig leben! Ewiges Leben durch Vertrauen, durch Glauben; ewiges Leben aus der Liebe Gottes; ewiges Leben unverdient und geschenkt, gratis, aus Gnade. Ewiges Leben, weil Gott uns liebt, weil er uns seinen Sohn zum Leben gegeben hat und weil wir unser ganzes Vertrauen auf ihn setzen.

Es mag sein, daß diese Antwort von einigen als zu allgemein empfunden wird. Dann gönnen wir uns doch ein paar Minuten der Stille, ganz allein zusammen mit einer Rose. Schauen wir still in die erblühte Rose hinein, und halten wir inne: Gibt es nicht auch in meinem Leben Spuren von der Liebe Gottes zu mir? Gibt es nicht auch in meinem Leben Augenblicke, in denen ich dankbar empfinde: Wie schön, wie gut, daß ich auf der Welt bin! Oder: Vielleicht hat das auch schon einmal jemand zu uns gesagt: Wie gut, daß es Dich gibt! Wie manches Mal wurden wir bewahrt, durch kräftige und mächtige Schutzengel des Herrn. Wie manches Mal wurden wir geführt und haben es vielleicht nicht einmal gemerkt. Die Spuren der Liebe Gottes in unserem Leben zu suchen, dazu möchte uns die Rose verhelfen.

Unser Blick wandert nun von der prächtigen, gegen oben offenen Blüte zu den Stacheln am Stiel der Rose. Wir müßen aufpassen, daß wir uns an ihnen nicht verletzen. Sie erinnern mich an die Dornenkrone des Gekreuzigten, an sein Leiden für uns, aber auch an die Verletzungen, Wunden und Narben, die wir in unserem Leben erfahren haben. Sie gehören zum Leben. Niemand wird davor verschont. Der Mystiker Meister Ekkard kleidete diese Erfahrung um das Jahr 1308 in die Worte: "Das schnellste Tier, das uns trägt zur Vollkommenheit, ist das Leiden."
Die Stacheln der Rose kommen von der ursprünglichen Rose, der Wildrose her, die sich mit den Dornen gegen Zugriffe schützt. Die Schönheit und die Verwundbarkeit unseres Lebens, beides gehört zusammen. Was Stacheln, Verletzungen und Wunden, was das Leiden in unserem Leben mit der Liebe Gottes zu tun haben, bleibt oft ein Geheimnis. Immerhin mahnen die Dornen zum sorgsamen Umgang mit der zarten Blume. Dem Leben wohnt eine Feinheit, eine Zerbrechlichkeit inne. Daher heißt es: Aufgepaßt! Tragt einander Sorge, seid zärtlich, denn Liebe und Wahrheit schließen einander nicht aus. Und wo das Leiden unabwendbar bleibt, da mag es manchmal so sein, wie es Menschen immer wieder beschreiben: Ich lebe mein Leben anders als vorher, bewußter, nicht mehr so oberflächlich. Oder: Ich bin anders geworden, reifer, ausgeglichener, aufgeschlossener. Oder: Endlich habe ich den Mut zu positiven Veränderungen in meinem Leben bekommen, ich kann nun die Vergangenheit loslassen und neu in die Zukunft schauen.

Die Rose will uns sagen: Beides gehört in unserem Leben zusammen: das Schöne und das Schwere. Beides macht unser Leben aus. Wir sollen uns aber nicht darüber ärgern, daß der Rosenstrauch über so störende Dornen verfügt, sondern wir sollen uns daran freuen, daß der Dornenstrauch so schöne Rosen zeigt!
Gott möchte uns in unserem Leben begleiten durch die heiteren und trüben Zeiten, einen jeden auf seine Weise. Das ist seine Liebe zu uns Menschen. Er möchte uns aber mit seiner Güte auch immer wieder zur Freude führen, damit wir uns des Lebens freuen und ihn loben und preisen dürfen. Das ist seine Gnade für uns Menschen.
Und weil Gott uns ganz praktisch im Nächsten begegnet, dürfen wir einander wohltun und einander hie und da sagen: Wie gut, daß es Dich gibt! Wir dürfen einander aufbauen, im guten Sinn stützen und kräftigen auf dem Weg zu Gott.
Es ist so schlimm, was Neid, Geiz, Bosheit, Kleinherzigkeit und Unglaube anrichten. Laßt uns dem unseren Glauben, unser Vertrauen, unsere Liebe entgegenhalten, die wir täglich neu aus der Liebe Christi schöpfen. Laßt uns nicht geizen mit der Liebe, denn Gott hat uns als erster geliebt, so sehr, daß er seinen einzigen Sohn gab, uns zum Heil und zum ewigen Leben! Darauf vertrauen wir, daran glauben wir.

Keinen Tag soll es geben,
an dem Du sagen mußt:
Niemand ist da, der mich hält.

Keinen Tag soll es geben,
an dem Du sagen mußt:
Niemand ist da, der mich schützt.

Keinen Tag soll es geben,
an dem Du sagen mußt:
Niemand ist da, der mich liebt.

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft,
bewahre Dein Herz und alle Deine Sinne
in Jesus Christus, unserm Herrn.


last update: 03.05.2015