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Natur und Schöpfung


"Wenn du nach der Natur lebst, wirst du nie arm sein, wenn nach dem Wahne, nie reich", sagt Epikur. Wenig verlangt die Natur, der Wahn Ungemessenes. Man häufe auf dich, was viele Begüterte zusammen besassen, das Glück erhebe dich über das Mass des Vermögens eines Privatmannes. Es bedecke dich mit Gold und bekleide dich mit Purpur, es führe dich zu einer solchen Fülle von Herrlichkeiten und Schätzen, dass du die Erde bedeckst mit deinen Marmorgebäuden, es sei dir vergönnt, nicht bloss Reichtümer zu besitzen, sondern darauf zu treten; es mögen dazu noch Bildsäulen und Gemälde kommen und was sonst noch die Kunst für die Üppigkeit mühevoll bereitet hat - du wirst von diesem allem nur lernen, noch Grösseres zu begehren. Natürliche Bedürfnisse sind begrenzt; was aus dem Irrwahne entspringt, hat kein Ziel, wo es ende; denn das Falsche hat keine Grenze. Dem auf der Strasse Wandernden ist irgendein Ziel gesteckt; das Herumirren ist endlos. Daher ziehe dich zurück vom Eiteln, und wenn du wissen willst, ob das, was du begehrst, auf einer natürlichen oder blinden Begierde beruht, so betrachte, ob es irgendwo zum Stillstand kommen kann. Wenn dir, nachdem du schon weit vorgeschritten bist, noch immer ein Weiteres übrig bleibt, so wisse, dass es nichts Natürliches ist. 
Seneca, Vom glückseligen Leben


last update: 22.08.2015