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Islam



Sihlcity-Kirche Zürich - Rastwort der Woche 33/2015

"Gott lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. Denn wenn ihr die liebt, die euch lieben, welchen Lohn könnt ihr da erwarten?"
Matthäus 5,45-46

LIEBE FÜR ALLE, HASS FÜR KEINEN

Der weltbekannt gewordene Satz liest sich unter anderem an der Mahmud Moschee in Zürich. Er ist einer der beiden Grundsätze der muslimischen Ahmadiyya-Bewegung und fand seine Prägung durch Mirza Nasir Ahmad während der Grundsteinlegung der Bascharat-Moschee in Pedro Abad, Spanien. In englischer Sprache lautet er so: LOVE FOR ALL, HATRED FOR NONE.

Islam LIEBE.jpg

Foto: Jakob Vetsch, 2015

Der Satz lässt aufhorchen in einem immer stärker zerklüfteten Umfeld mit verhärteten Positionen, in dem sich Extreme bis aufs Blut bekämpfen, seien es Meinungen weltanschaulicher oder religiöser Art. Darum ist das Motto der Ahmadiyya-Glaubensrichtung durchaus universell gedacht, im aufbauenden Sinne für Alle, denn die lebenszerstörende Wirkung von Hass war und ist offensichtlich.
Und wie lautet der zweite Grundsatz der erwähnten Bewegung? Er geht so: "Es soll kein Zwang sein im Glauben." Auch dieser Satz könnte um die Welt gehen und für Alle gelten, denn jedes Bekenntnis bringt nur wohltuende Frucht, wenn es aus einem freien und überzeugten Herzen beigebracht werden kann.



Ramadan-Gruss
vom 2. Februar 1996


Muslime in Duisburg-Laar möchten öffentlich zum Gebet rufen.

In der Stellungnahme des Presbyteriums einer evangelischen

Kirchengemeinde in Duisburg-Laar vom 28.Oktober 1996 heisst es

dazu,

* "Christen und Muslime glauben nicht an denselben Gott" sowie

* "Der muslimische Gott ist ein Zerrbild des wahren Gottes."

Diese Behauptungen stehen nicht allein.

Von katholischer Seite kommen sie auch.

Sie erschweren den christlich-islamischen Dialog.

Wir fühlen uns herausgefordert, dazu Stellung zu nehmen.


1) Die Stellungnahme des Presbyteriums empfinden wir als

   respektlos gegenüber Gott.

   Wir wollen das an 3 Beispielen deutlich machen.


Im 2.Buch Mose (Exodus Kapitel 33 Vers 18) hatte Moses Gott

gebeten, "Lass mich Deine Herrlichkeit schauen". Gott antwortete

ihm "Du kannst mein Angesicht nicht schauen. Kein Mensch sieht

mich und bleibt am Leben".


Im Neuen Testament (1.Korintherbrief des Apostels Paulus Kapitel

2 Vers 11) steht ausdrücklich, "So erkennt auch keiner das Wesen

Gottes als nur der Geist Gottes".


Radiowellen benötigen von hier bis zum Mond rund anderthalb

Sekunden.

Von der Erde bis zur Sonne benötigen Radiowellen schon 8

Minuten.

Allein die Galaxie, zu der unsere Erde gehört, ist so

unvorstellbar gross, dass ein zeitgenössischer Radiobericht von

der Geburt Jesu oder der Geburt Mohammeds in den vergangenen 1400

bis 2000 Jahren erst vier Prozent des Durchmessers der

Milchstrasse durchlaufen haette.

Das gesamte, von Gott geschaffene, Weltall hat sogar einen

Durchmesser von 16 Milliarden Lichtjahren.


In Anbetracht dieser drei Beispiele der unendlichen Grösse

Gottes stört es uns, wenn Menschen versuchen, Gott zu

vereinnahmen.

Wenn Menschen so tun, als könnten sie den Schoepfer des Weltalls

in einer Dünndruck-Ausgabe des Neuen Testaments oder einer

Dünndruck-Ausgabe des Korans mit sich herumtragen.

Wenn Menschen so tun, als hätten Sie Gott "in der Tasche".

Als wüssten sie ganz genau, wer Gott ist.

Was auch immer Gott der Menschheit offenbart hat, es kann nur ein

Bruchteil dessen sein, was Gott über sich selbst zu sagen

wüsste.


2) Die Stellungnahme des Presbyteriums ist ungenau formuliert.


Das Presbyterium sagt "Gott", meint aber nicht Gott selbst,

sondern die Vorstellung, die wir von Gott haben.

Das Wort "Gottesbild", "Gottesbegriff" oder "Gottesvorstellung"

wäre uns passender erschienen.

Wir halten es für wichtig, das richtige Wort zu wählen.

Wenn die Unterscheidung nebensaechlich wäre, gäbe es auch die

verschiedenen Worte nicht.

Wir akzeptieren natürlich die Aussage, dass sich Christen und

Muslime "im Blick auf Gott" uneinig sind, das heisst uneinig sind

in dem, was sie zu erkennen glauben.


3) Die Stellungnahme des Presbyteriums empfinden wir als

   unlogisch.


Christen und Muslime behaupten gleichermassen, dass sie

denjenigen Gott anbeten, der sich Abraham gegenueber offenbart

hat.

Ausserdem sind sie sich darin einig, dass sie denjenigen Gott

anbeten, von dem auch Moses und Jesus berichtet haben.

Wir verstehen deshalb nicht, wie Christen und Muslime

unterschiedliche Bezugspersonen für ihre Anbetung haben sollen.


4) Das Presbyterium ruft alle Christen auf, sich verstärkt ihres

   eigenen Glaubensbekenntnisses zu vergewissern.


Als Christen bezeugen wir die Dreifaltigkeit.

Gleichzeitig sind wir strenggläubige Monotheisten.

Dieser scheinbare Widerspruch löst sich, wenn wir Vater, Jesus

und Heiligen Geist nach einer Entscheidungs-Vorlage des Konzils

von Nicäa aus dem Jahre 325 als "Masken" des einen ungeteilten

Gottes auffassen.

Die von den Christen verwendete historische Formulierung der

"drei Personen" ist sprachlich nicht mehr korrekt und heute in

der Diskussion mit Muslimen missverständlich.

Professor Porsch hat einmal gesagt: "Was immer wir als Christen

über die Dreifaltigkeit zu wissen glauben: In der Diskussion mit

Andersgläubigen müssen wir vorrangig betonen, dass wir an

'einen Gott' glauben und nicht an 'drei Götter'."


5) Das Presbyterium, und, wie bereits gesagt, auch andere

   Dialog-Kritiker, behaupten, es gäbe keine monotheistische

   Ökumene.


Wir beide bekennen als unsere persönliche Überzeugung, dass

Muslime den gleichen Gott anbeten wie wir Christen. Wir erwarten

umgekehrt von Muslimen das Bekenntnis, dass auch Christen

denjenigen anbeten, den sie, die Muslime, Allah nennen.


Wir bitten unseren gemeinsamen Gott, dass er die Muslime zum Fest

des Fastenbrechens segnen und ihre Geschwisterlichkeit gegenüber

den Christen belohnen möge.

Mit herzlichen Grüssen
Felicitas und Klaus Schünemann


 
last update: 23.07.2016