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WER MIT DEM HERZEN SIEHT - Ratgeber für das Leben zu zweit

Liebe weckt Kräfte

Im Frühling erwacht die Natur zu neuem Leben. Mit einer unbeschreiblichen Kraft bilden sich Knospen, Blüten und Blätter an den Bäumen, und auf den Wiesen entfalten sich die Blumen. Eine herrliche Farben- und Duftvielfalt bezaubert unsere Sinne. 

Die Liebe wird gern mit dem Frühling verglichen. Sie bedeutet eben auch neues Leben, Entfaltung der Kräfte und geschenkte Gnade. Sie spricht auch unsere Sinne an und lädt dazu ein, sich findend zu verlieren! Eines der beliebtesten neuen Lieder in China mit dem Titel "Der Winter ist vergangen" von Wang Wei-fan steht als ein kleiner Beweis dafür. Hier zuerst die drei Strophen, nachher als vierten Vers der Refrain: 

"Winter und Regen sind vorbei. 
Die Blumen blüh'n, Gesang erwacht. 
Warum verweilst du, zögerst du noch? 
Geliebter, komm, ach komm mit mir.

Verbirg dein Antlitz nicht vor mir. 
Nach deiner Stimme steht mein Herz. 
Ihr Klang ist süß, und du bist schön. 
Du meine Taube, komm mit mir.

Mein Liebster, ich will folgen dir. 
Aus Fels und Kluft mache ich mich auf. 
Wo Vögel singen, Blumen blühen, 
Komme ich zu dir und bleibe bei dir.

O du mein Herr, der Liebe Quell, 
Mein Leib, mein Seel gehören dir. 
So tief das Tal, ich schau nach dir.
Der Frühling ist jetzt wieder da."

Die letzten vier Zeilen, der Refrain, zeigen deutlich die geistige Heimat dieses Liebesliedes: die Bibel, genauer gesagt das Hohelied 2,10-14. Ja, die Bibel ist keinesfalls gegen alles Sinnliche, im Gegenteil. Sie kennt viele schöne Zärtlichkeiten wie Fußwaschung, Hauptölung und Bruderkuß. Und sie kennt durchaus die stürmische Liebe zwischen den Geschlechtern. Sie weiß aber auch um die Quelle der Liebe, Gott.
Gönnen wir uns nochmals eine Kostprobe aus dem Hohenlied 2,1-3, diesmal direkt zitiert: 

"Eine Frühlingsblume bin ich, 
wie sie in den Wiesen wachsen, 
eine Lilie aus den Tälern.

Eine Lilie unter Disteln - 
so erscheint mir meine Freundin 
unter allen andren Mädchen.

Wie ein Apfelbaum im Walde 
ist mein Liebster unter Männern. 
Seinen Schatten hab' ich gerne, 
um mich darin auszuruhen; 
seine Frucht ist süß für mich."

Zum Glück ist das Hohelied bereits in der Bibel. Ich weiß nicht, ob man ihm heute diesen selbstlosen, spielerischen und verträumten Platz im "Buch der Bücher" noch einräumen würde.
Mich erfüllt es jedoch mit Freude und Hoffnung, daß die Bibel jede Liebe kennt, auch die Liebe zwischen Mann und Frau, und daß Gott der Ursprung auch dieser Liebe in allen ihren Erscheinungsformen ist.

Die nachfolgende Übersetzung von Psalm 45, der jeweils dem König zum Hochzeitsfest gesungen wurde, nennt Zärtlichkeit sogar ein Zeichen der Herrschaft Gottes:

"Meine Liebe singt dir ein Lied. 
Für mich bist du der Schönste unter den Menschen, 
der Ausdruck deines Gesichts fasziniert mich, 
wahrhaftig, du bist mir ein Gotteswunder. 
Schmücke dich in deiner Kraft, du bist stark, 
tritt hervor aus der grauen Menge. 
Woran solltest du scheitern? 
Stehe auf für mich - 
wenn du die Menschen achtest und mich liebst, 
dann werden Wunder für dich nicht unmöglich sein. 
Gott - du herrschst in unserer Liebe, 
das Zeichen deiner Herrschaft ist unsere Zärtlichkeit. 
Gott hat unsere Liebe gesegnet - 
und dich als meinen Mann auserwählt vor allen. 
In meinen Augen bist du mit Wunderbarem gekleidet, 
und wo du bist, da ist die Welt für mich voller Musik.

Du, Frau, merk' auf und entdecke: 
Da ist deine neue Welt und dein Platz. 
Zum Fest kommen alle mit ihren Geschenken, 
ihnen allen ist dein Glück wichtig. 
Du gehst wie auf Wolken an einem solchen Tag, 
und alle, die dir gutwollen, freuen sich mit dir. 
Du sollst glücklich sein - nicht nur heute, 
und ihr sollt heimisch werden beieinander. 
Du warst ein Sohn und wirst ein Vater, 
du warst Tochter und wirst Mutter, 
ihr seid berufen und beruft. 
Ihr sollt nicht vergeblich gelebt haben in all euren Tagen, 
darum danket dem Herrn heute und immer wieder!"

Wie wichtig die Liebe von Mensch zu Mensch in allen Dingen ist, drückt das "Hohe Lied der Liebe" vom Apostel Paulus im ersten Korintherbrief (13,1-13) aus. Es wird gerne zur Lesung in Traugottesdiensten benutzt und erfreut sich aus diesem Grunde bei vielen Eheleuten großer Beliebtheit.

"Wenn ich die Sprachen aller Menschen spräche und sogar die Sprache der Engel kennte, aber ich hätte keine Liebe -, dann wäre ich doch nur ein dröhnender Gong, nicht mehr als eine lärmende Pauke. Auch wenn ich göttliche Eingebung hätte und alle Geheimnisse Gottes wüßte und hätte den Glauben, der Berge versetzt, aber ich wäre ohne Liebe -, dann hätte das alles keinen Wert. Und wenn ich all meinen Besitz verteilte und nähme den Tod in den Flammen auf mich, aber ich hätte keine Liebe -, dann wäre es alles umsonst.
Wer liebt, ist geduldig und gütig. Wer liebt, der ereifert sich nicht, er prahlt nicht und spielt sich nicht auf. Wer liebt, der verhält sich nicht taktlos, er sucht nicht den eigenen Vorteil und läßt sich nicht zum Zorn erregen. Wer liebt, der trägt keinem etwas nach; er freut sich nicht, wenn einer einen Fehler macht, sondern wenn er das Rechte tut. Wer liebt, der gibt niemals jemanden auf, in allem vertraut er und hofft er für ihn; alles erträgt er mit großer Geduld.
Niemals wird die Liebe vergehen. Prophetische Weisung hört einmal auf, das Reden in Sprachen des Geistes verstummt, auch das Wissen um die Geheimnisse Gottes wird einmal ein Ende nehmen. Denn unser Wissen von Gott ist Stückwerk, und unser prophetisches Reden ist Stückwerk. Doch wenn sich die ganze Wahrheit zeigt, dann ist es mit dem Stückwerk vorbei. Anfangs, als ich noch ein Kind war, da redete ich wie ein Kind, ich fühlte und dachte wie ein Kind. Dann aber wurde ich ein Mann und legte die kindlichen Vorstellungen ab. Jetzt sehen wir nur ein unklares Bild wie in einem trüben Spiegel; dann aber stehen wir Gott gegenüber. Jetzt kennen wir ihn nur unvollkommen; dann aber werden wir ihn völlig kennen, so wie er uns jetzt schon kennt.
Auch wenn alles einmal aufhört - Glaube, Hoffnung und Liebe nicht. Diese drei werden immer bleiben; doch am höchsten steht die Liebe."

Was Paulus hier schrieb, ist für ihn als Theologen und eifrigen Apostel Jesu Christi ganz außerordentlich: Er stellte die Liebe über alles, sogar über den Glauben! Denn die Erfüllung unseres Glaubens ist ja die Liebe. Wenn ihr der erste Platz gebührt, dann gibt es keinen wirklichen Grund und keine Entschuldigung für die Lieblosigkeit. Anders ausgedrückt: Wenn wir lieblos handeln, werden wir in jedem Fall schuldig. Darum ist die Vergebung so wichtig. Und es wird uns vergeben, denn unser Gott ist ein Gott der Liebe und der Vergebung. Weil er uns dies entgegenbringt, wird es uns auch möglich, Liebe und Vergebung dem Mitmenschen weiterzuschenken.
Immer, wenn ich das "Hohe Lied der Liebe" zu hören bekam, wurde ich von einem schlechten Gewissen geplagt. Irgendwie hatte ich das Gefühl, daß hier ja gar nicht von mir die Rede ist: Ich bin doch nicht stets geduldig und gütig, und wie oft ereifere ich mich! - Bis ich dann merken durfte, daß hier eigentlich nicht von der Liebe die Rede ist, die der Mensch von Geburt an hat oder haben sollte, sondern von der Liebe, die der Mensch durch Gott erhalten und erst dann weitergeben kann! Darum ist es für uns so bedeutsam, daß wir uns immer wieder neu auf denjenigen besinnen, in dem alle Liebe vereint ist: Gott!