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Predigt für Menschen, die in verwüsteten Gebieten leben müssen
für Green Cross Schweiz von Pfarrerin Angelika Steiner, Zürich-Leimbach



Spendenaufruf von Green Cross Schweiz

2016 jährt sich der schreckliche Reaktorunfall von Tschernobyl zum 30. Mal: Am 26. April 1986 brachte der GAU unermessliches Leid über Hunderttausende von Menschen in Russland, Weissrussland, Moldawien und in der Ukraine.

Green Cross hilft den unschuldigen Strahlungs-Opfern – schwergewichtig den Kindern und ihren Müttern, die noch heute von der heimtückischen Verstrahlung besonders stark betroffen und anfällig für lebensbedrohliche Krankheiten sind.

Dafür bittet Green Cross um Ihre Spende.

Green Cross verbessert mit medizinischen und sozialen Projekten die Lebenssituation von Kindern, Jugendlichen und deren Eltern in den radioaktiv verseuchten Gebieten. Ein Green Cross-Bus mit einem mobilen Ärzte-Team besucht regelmässig Dörfer in der Ukraine, um die medizinische Grundversorgung zu sichern. In Green Cross-Familienclubs lernen Eltern, die Nahrung so zuzubereiten, dass möglichst wenig Radioaktivität zurück bleibt. Die Mütter treffen sich auch regelmässig, um soziale, ökologische und gesundheitliche Probleme ihres Dorfes und in der Familie gemeinsam anzupacken.

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Predigt für Menschen, die in verwüsteten Gebieten leben müssen
für Green Cross Schweiz von Pfarrerin Angelika Steiner, Zürich-Leimbach


Psalm 137 thematisiert die Erfahrung und Erinnerung des Volkes Israel an die Zerstörung von Jerusalem und ihrem Tempel; ihrer Heimat. Das babylonische Exil begann mit der Eroberung und Verschleppung Israels durch den babylonischen König Nebukadnezar von 597 v. Chr bis 539 v. Chr. 58 Jahre Gefangenschaft im goldenen Käfig, da, trotz Exil, die Juden nicht in ihrer Geschäftstätigkeit oder Aufbau einer eigenen Existenz beraubt waren.  Der Tempel und Jerusalem waren zerstört.  Die Israeliten fanden in der Fremde ein neues Auskommen. Es blieb ihnen die Sehnsucht nach dem Ort ihrer Väter und Mütter, dem Tempel und Jerusalem; die in ihnen gefangen blieb; die Sehnsucht nach dem eigenen religiösen Kult und dem Festhalten an ihrer Identität als das Volk Gottes – als das Volk, das seine Heimat aufgeben musste und in der Fremde leben, als das Volk, dem der Tempel, das Heiligtum seines Kultes, zerstört wurde.

Psalm 137, ca. 539 v. Chr.

1 An den Strömen Babels, da sassen wir und weinten, als wir an Zion dachten.
2 Unsere Leiern hängten wir an die Weiden im Land.
3 Denn dort verlangten, die uns gefangen hielten, Lieder von uns, und die uns quälten, Freudengesänge: Singt uns Zionslieder.
4 Wie könnten wir Lieder des HERRN singen auf fremdem Boden.
5 Wenn ich dich vergesse, Jerusalem, soll meine Rechte verdorren.
6 Meine Zunge soll an meinem Gaumen kleben, wenn ich deiner nicht mehr gedenke, wenn ich Jerusalem nicht erhebe über die höchste meiner Freuden.
7 Den Tag Jerusalems, HERR, rechne den Edomitern an, die sprachen: Nieder, nieder mit ihr bis auf den Grund.
8 Tochter Babel, der Vernichtung geweiht, wohl dem, der dir die Untat heimzahlt, die du an uns getan hast.
9 Wohl dem, der deine Kinder packt und am Felsen zerschmettert.

Die Vertriebenen sitzen an den Ufern der Ströme Babels, Euphrat und Tigris, und erinnern sich der Zeiten als sie als Familien, als Sippen, als Volk noch in ihrer Heimat lebten. So wie auch die Menschen aus Tschernobyl am Prypjat sitzen und von Fukushima über das Meer blicken und sich erinnern.

Sie erinnern, wie sie die Saat aussäten und ihre Felder bestellten, die Ernten einfuhren und die Viehherden hüteten. Wie sie in ihren Dörfern und Hütten die Feuerstellen warmhielten und morgens die Fladenbrote buken, abends sich im Schein des Feuers Geschichten der Väter erzählten. Sie erinnern sich wie sie jeden Tag früh zu ihren Arbeitsstätten eilten; wie sie mit den Jahreszeiten lebten und die Feste im Tempel und im Kreis ihrer Familien feierten. Wie sie Gott in seinem Heiligtum anbeteten und ihm Loblieder sangen – und wie sie sich von ihm nun verlassen fühlen und ihn vermissen.

Traurig lassen sie die Vergangenheit aufleben und die Freudengesänge bleiben schwer in den Ästen der Bäume hängen, schwer von Klagen und Trauer über das Verlorene. Keine Heimatlieder singen sie, keine geliebten Töne entlocken sie den Leiern, kein Freudengesang ertönt in den Nachthimmel.

Wann wird Recht wieder einziehen? Wann der Versehrte wieder Unversehrt, wann können die Kinder und Kindeskinder wieder den Duft der Freiheit und Heimat einatmen?

Wann endlich erheben sich die Völker der Erde und vernichten die Unterdrücker und Zerstörer – wann kommt uns jemand zu Hilfe wenn nicht Du, Gott?

Wohl dem, der Gier und Gewalt zu besiegen vermag – dann werden unsere Freudengesänge wieder erklingen – werden die Leiern ihre Töne erschallen lassen, werden wir in den Flüssen und Meeren  unsere Leiber waschen und wird die Erde und was in ihr ist wieder mit neuem Leben erfüllt!

Psalm 137
Mögliche Version im Jahre 1989 und 2011 n. Chr.

1 Am Ufer des Prypjat, da sassen wir und weinten, als wir an unsere Heimat  dachten.
2 Unsere Hoffnungen hängen wir an die kahlen Baumwipfel im Land.
3 Denn dort verlangten, die uns opferten, Stillschweigen und Loyalität - : Erzählt uns nicht von dem, was wir versäumten, schweigt unsere Taten tot. 
4 Wie könnten wir Lieder unserer Heimat singen auf verstrahltem Boden, wie uns freuen über unsere Rettung in fremden unbekannten Land?
5 Wenn ich heute heimkehre zu Dir, mein geliebtes Prypjat, wird meine Rechte verdorren.
6 Meine Zunge wird anschwellen und ich werde krank an Leib, wenn ich nicht zurückkehre werde ich verbittert in der Seele.
Wie meine Wurzeln vergessen, muss ich mein Daheim verraten? Wann darf ich wieder dorthin wo ich herkomme?
7 Diesen einen Tag, rechne Gott, den Gewissenslosen an, denen die sprachen: Nieder, nieder mit ihr bis auf den Grund.
8 Land von Tschernobyl und Fukushima, der Vernichtung geweiht, wohl dem, der dir die Untat heimzahlt, die an uns getan wurde.
9 Wohl dem, der deine Saat vernichtet und dich am Felsen zerschmettert.



 
last update: 21.11.2015